RechtZum Behandlungsfehler bei Zahnersatz

zurück

Bei zahnprothetischer Versorgung sind Patientinnen und Patienten schnell der Auffassung, es lägen Behandlungsfehler vor, weil der Zahnersatz nicht von Beginn an richtig „sitzt“. Das Oberlandesgericht Dresden (OLG), Beschl. v. 16.06.2022, 4 U 2562/21, hat jetzt mit erfreulicher Deutlichkeit klargestellt, dass Anpassungsmaßnahmen an sich noch keinen Behandlungsfehler indizieren.

 

Der Fall:

In dem Fall des OLG Dresden machte die Klägerin gegen ihren Zahnarzt Schmerzensgeld, die Rückzahlung des von ihr verauslagten Eigenanteils und den Ersatz verauslagter Kosten für die Nachbehandlung wegen eines angeblichen Behandlungsfehlers durch den Beklagten geltend.

Das Landgericht Leipzig hat die Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens abgewiesen, weil die Klägerin keinen Behandlungsfehler des Beklagten bewiesen hat. Dagegen legte die Klägerin Berufung beim OLG Dresden ein.

 

Die Entscheidung:

Das OLG Dresden wies die Berufung der Klägerin durch einstimmigen Beschluss ab. Das Landgericht Leipzig sei richtigerweise davon ausgegangen, dass die Klägerin einen Behandlungsfehler durch ihren Zahnarzt nicht bewiesen habe. Für einen Behandlungsfehler sprächen auch nicht die vom Beklagten vorgenommenen Nachbesserungsarbeiten. Dabei sei zu berücksichtigen, dass bei einer zahnprothetischen Versorgung ein Behandlungsfehler des Zahnarztes nicht bereits dann angenommen werden kann, wenn der Zahnersatz nicht bereits beim ersten Mal „sitzt“. Die Eingliederung von Zahnersatz sei ein mehrstufiger Prozess, der es erforderlich mache, unter Umständen Anpassungsmaßnahmen vorzunehmen, bei denen der Patient auch mitwirken muss. Die von der Klägerin behaupteten angeblichen 30 Nachbesserungstermine konnten anhand der Behandlungsunterlagen nicht nachgewiesen werden. Vielmehr habe der Beklagte darlegen können, dass die Klägerin maximal „eine Hand voll“ Termine zur Nachbesserung der betroffenen Zähne wahrgenommen hat, bei denen nur minimale Politurmaßnahmen vorgenommen wurden. Hinzu komme, dass die Klägerin unstreitig nie um eine Nachbesserung des Zahnersatzes gebeten hat.


Fazit:

Mit dem erfreulich deutlichen Beschluss des OLG Dresden wird klar, dass es für die Annahme eines Behandlungsfehlers im Rahmen einer zahnprothetischen Versorgung mehr braucht, als die Behauptung des Patienten, es habe einer ganzen Reihe von Nachbesserungen bedurft, um den Zahnersatz zu akzeptieren. Dem Behandelnden steht das Recht auf eine angemessene Zahl von Nachbesserungsversuchen zu. Erst wenn eine weitere Nachbesserung für den Patienten objektiv unzumutbar ist, findet das Nachbesserungsrecht ein Ende. Aber auch dann liegt noch kein zwingendes Indiz für einen Behandlungsfehler vor. Der Patient trägt weiterhin die Beweislast für einen Behandlungsfehler. Dem Behandelnden ist dennoch die sorgfältige und ausführliche Dokumentation des Behandlungsverlaufs einschließlich des Verhaltens des Patienten dringend zu empfehlen.

Dr. Daniel Combé und Ref. jur. Alicia Pott
CASTRINGIUS Rechtsanwälte und Notare